Dieser Beitrag ist meiner Mutter gewidmet. Sie starb im August 1988 mit noch nicht einmal 60 Jahren, denn diesen Geburtstag hätte sie erst am 29.10.1988 feiern können. Ich habe sie mit inzwischen schon 69 Jahren überholt und ich war dabei, als sie gekämpft hat, diesen Kampf aber verlieren musste an die Geisel der Menschheit, den Krebs. Natürlich habe auch ich Angst vor dieser so unheimlichen Krankheit, aber ich habe wohl eher die Gene meiner Großeltern mütterlicherseits geerbt, denn mein Großvater wurde immerhin schon 75 Jahre alt, aber meine Großmutter ganze 93 Jahre und auch ihre Schwester wurde, glaube ich wenigstens, 87 Jahre alt.
Ohne Regeln und Zwängen frei geboren?
Klingt ja erst mal gut, dann jedoch kommt das große ABER.
Tiere und Menschen sind Lebewesen und bei den Tieren sind nicht sofort Regeln und Zwänge vorhanden, da sie fast nur nach Instinkt reagieren und sich dann auch so verhalten. Sie handeln nach Naturgesetzen. Leben und sterben wird nicht hinterfragt. Erst die Domestizierung macht Tiere in gewisser Weise menschenähnlich.
Bei den Menschen sind diese Regeln schon sofort nach der Geburt maßgeblich. Aber sie sind kein Naturgesetz, sondern von Menschen gemacht, ganz egal, ob sie nützlich sind oder auch völlig bescheuert. Und Regeln für Menschen sind immer einem Machtgefüge geschuldet. Wir Menschen sollen ja Vernunftbegabt sein. Ein Treppenwitz der Evolution.
Ich bin jetzt seit 20.09.16 hier im Heiliggeist-Seniorenheim und ich bemerke jeden Tag immer mehr, dass ich körperlich extrem abbaue und dass kann nicht der Sinn meines restlichen, vielleicht inzwischen doch kürzeren Lebens sein (immerhin habe ich mir mal vorgenommen, so knapp an die 90 zu werden), als ich mir vorgenommen habe, zu leben. Es ist inzwischen 02:15 Uhr und am 07.11. war mein 69. Geburtstag.
Eigentlich rede oder schreibe ich gar nicht gerne über Krankheiten und schon gar nicht über meine eigenen, aber diesmal werde ich zur Erklärung von diesem Grundsatz Abstand halten. Auch war dieser Beitrag erst nur mal als E-Mail an meine Betreuerin gedacht, wurde dann aber doch für den FIWUS auf bereitet.
Dass ich seit ca. 3 Wochen Probleme und inzwischen auch extreme Schmerzen in meinem linken Knie habe, wurde ja bei unserem Treffen vor eineinhalb Wochen schon besprochen (ist an meine Betreuerin gerichtet). Auch schlafe ich nachts immer schlechter und wache mitten in der Nacht auf, obwohl ich, wie schon seit April 2011, Tabletten nehme, um ruhig durch zu schlafen, was auch bisher immer gut geklappt hat. Seit dem Umzug ist es aber vorbei mit dieser Nachtruhe.
Die Ursache für die Schmerzen im Knie (Arthrose) habe ich natürlich zu ergründen gesucht und die Straßen der Altstadt Passau mit seinem Kopfsteinpflaster als Auslöser bedacht, aber mir kommen immer mehr Zweifel, dass dies der einzige Grund ist, warum es mir so miserabel geht. Meine Angst vor jeglicher Krebsart habe ich ja schon erwähnt.
Als ich vorhin aufgewacht bin und auch gleich wieder mit Schmerzen konfrontiert war, kam ich auch noch auf ganz andere Auslöser, denn solange ich noch in der Gleiwitzer Straße in Passau wohnte, hatte ich keinerlei dieser direkten Beschwerden und nur in den letzten 3 Monaten vor dem Umzug das Problem, dass ich endlich in eine etwas größere Wohnung ziehen wollte und habe das hier schon ausführlich auf gedröselt.
OK, das Zimmer hier im Seniorenheim ist jetzt doppelt so groß wie meine vorherige Wohnung oder auch Knastzelle und doch geht es mir nicht besser jetzt, sondern eher schlechter, was meinen psychischen Allgemeinzustand betrifft. Ich schätze mal, es war keine besonders gute Idee, mich schon jetzt in eine solche Abhängigkeit zu begeben, zumal ich, wie schon in der Überschrift erwähnt, mich jetzt total abhängig von den Regeln dieses Hauses und auch den hier herrschenden Zwängen gemacht habe. Und genau diese sind es jetzt, welche mir zu schaffen machen und die direkten Auslöser sind mein sogenannter körperlicher Verfall und natürlich sprechen auch die psychologischen Aspekte rund um ein Seniorenheim eine gewichtige Rolle.
Auch wenn ich zu Beginn hier im Heiliggeist noch gedacht habe, dass jetzt alles besser wird, so sind doch die diversen Nicklichkeiten wie Versicherung für den Hund, feststehende Zeiten bei den Mahlzeiten, Rauchverbot, wann es mir überhaupt nicht passt (wenn ich zum Beispiel am Schreiben bin, denn dies passiert nun mal im Zimmer) und der ständige Umgang mit zum Teil wirklich liebenswertem Personal (ist ernst gemeint), aber auch immer wieder Hinweise auf Verbote und Regeln. Und dazu kommen noch so diverse Kosten (hier als Beispiel nur die Kosten für Fußpflege 22,00 €), welche ich nicht mehr kalkulieren kann bei 109,08 €uronen Taschengeld pro Monat, sind so absolut nicht meine Welt. Ich habe noch nie so gedacht und gelebt und dass 50 Jahre lang. Auch das Wissen, dass jederzeit jemand in mein Zimmer kommen kann, macht mich ganz verrückt, denn vom Personal hat nun mal jeder einen Generalschlüssel. Wenn ich bisher die Bewohner des Heimes nicht erwähnt habe, so aus dem ganz einfachen Grund, dass die meisten davon schon gar nichts mehr mit bekommen und die anderen sich in ihr sogenanntes Schicksal gefügt haben.
Für diese Art von Leben bin ich leider nicht gestrickt und Sie können mir glauben, ich habe es wirklich versucht, aber genau diese Zwänge machen mich ganz narrisch. Mein Körper reagiert nun mal auf diese Äußerlichkeiten inzwischen und ich habe nicht vor, noch weiter ab zu bauen. Ich schätze also, wir beide (mein Körper und ich selbst) müssen einen Weg finden, damit ich körperlich wieder so einiger Maßen auf die Beine komme, bevor ich etwas unternehme, welches für beide Seiten nicht erfreulich sein kann. Dass ist aber jetzt keine Drohung, sondern einfach als Feststellung gemeint, denn suizidgefährdet oder ähnliches bin ich garantiert nicht, aber alleine werde ich immer Wege suchen, um mir ein gewisses Maß an Freiheit und Unabhängigkeit zu bewahren und auch zu finden.
Andererseits muss ich aber auch konstatieren, dass sich die Heimleitung mehr als nur bemüht, aus mir einen zufriedenen ‘Insassen’ zu machen und es liegt auch ganz besonders an mir selbst, dass ich dies erst mal gar nicht so annehmen konnte, denn wenn man es gewohnt ist, alles eigenständig zu erledigen, dann tut man sich einfach erst mal ziemlich schwer, seine eigenen Grenzen wahr zu nehmen und dann auch Hilfe zuzulassen.
Ich habe ja eigentlich schon Heimerfahrung … 2 Jahre Kinderheim, 3 Jahre Erziehungsheim und so etliche Wohnheime habe ich seit meiner Kindheit schon hinter mir und diese Erfahrungen waren halt nicht immer nur positiv und genau dies spielt wohl auch jetzt in meinem eigenen Verhalten doch noch ein große Rolle. Und ich bin wütend, was für mich nicht besonders vorteilhaft ist, denn dieser Zustand provoziert auch Fehlentscheidungen, aber ich suche inzwischen Auswege aus diesem Dilemma. Noch aber dreht sich in meinem Kopf alles im Kreis.